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Evelyn Grill arbeitet in großen Formaten und Serien und hat über die Jahre ihr eigenes künstlerisches Genre entwickelt, in denen sie Siebdruck mit Malerei und textilen Techniken verbindet.
Es ist der Siebdruck mit seinen Möglichkeiten zu großen Formaten und vielfältigen Experimenten, der die Künstlerin seit ihrem Studium in den Bann gezogen hat. Die Vervielfältigbarkeit des Drucks wird bei ihr zum experimentellen Unikat. Über geplanten, ins Material eingebrannten Handlungsanweisungen, steht das Spontane. Die stoffliche Komponente des Bildgrunds entspricht zudem ihrer Leidenschaft für textile Haptik.
Evelyn Grills künstlerischer Prozess ist eine Mischung aus zufällig entstandenen, intuitiv gelenkten und gezielt gesetzten, zeitaufwändigen Abläufen und Eingriffen ohne konzeptuelle Entwurfsplanung und steht im krassen Gegensatz zu ihrer sonst so rationalen und strukturierten Persönlichkeit. Ihrem inneren Gefühl folgend, etwas in ihren Augen „Schönes“ und „Wahres“ zu schaffen, bildet sie bei diesem zutiefst persönlichen Prozess das ab, was ihr inneres Auge sieht. Ihre Bilder sind aber nicht nur Produkt ihres, wenn auch zweifellos zielsicheren, Bauchgefühls, sondern vereinen darüber hinaus die über zahlreiche Experimente gewonnenen Erfahrungen mit handwerklicher Präzision.
In den letzten Jahren fließt auch ihr Streben nach Nachhaltigkeit in Form von Upcycling in ihre künstlerische Arbeit ein, also bereits gebrauchtes Material wieder zu verwenden, aufzuwerten, neu zusammenzusetzen und damit in die Gegenwart zu holen. Oftmals verwendet sie bereits benutzte Papierschablonen für Collagen, Stoffproben werden zu patchworkartigen Untergründen zusammengefügt, Drucktücher mit zufällig übereinandergelagerten Farb- und Musterproben dienen als Ausgangspunkt für neue Gestaltungsprozesse.
Ihre Leidenschaft für das textile Handwerk wird unter anderem in den Benähungen ihrer Bilder sichtbar. Die Nähmaschine agiert hier als Zeichenstift, durch den Stickprozess treten Figuren und Landschaften an die Oberfläche und werden zu konkreten Formen.
Der schier endlose Faden dient als Verbindung zwischen diesen Formen - alles ist mit allem, jeder mit jedem verbunden, ein brennendes und immer aktuelles Thema.
Text: Dr. Verena Traeger, Chiara Matschnig
Foto: Nancy Horowitz